Exaudi / 7. Sonntag der Osterzeit
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Jer 31, 31-34 | Apg 1, 15-17.20a.c-26 | 1 Joh 4, 11-16 | Joh 17, 6a.11b-19 |
Jer 31, 31-34
Bezüge zu Nachhaltigkeit und ähnlichen Themen sind m.E. in diesem Text nur indirekt erkennbar:
Jer 31, 32: erinnert an den früheren Bund den der Herr mit Israel geschlossen hat und an sein befreiendes Handeln:Er führt die Israeliten aus der Unterdrückung in Ägypten heraus; er steht auf der Seite der Schwachen und Entrechteten. Dass das Haus Israel diesen Bund gebrochen hat, bedeutet nicht, dass der Herr das Haus Israel aufgibt: Er schließt einen neuen, anderen Bund. Dieser neue Bund zeichnet sich dadurch aus, dass der Herr sein Gesetz „in ihr Herz geben und in ihren Sinn“schreibt.
Jer 31, 34: In diesem neuen Bund „wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren“: die Menschen werden sich nicht mehr übereinander erheben müssen und sich nicht mehr – auch nicht zum Erkennen des Herren – ermahnen müssen. „Klein und Groß“ wird die Erkenntnis des Herrn zuteil und diese verbindet die Menschen untereinander. Die Vergebung Gottes eint die Menschen auch untereinander.
Apg 1, 15-17.20a.c-26
Auch im Apg.-Text sind m.E. nur indirekt Bezüge zu Nachhaltigkeit und anderen Themen gegeben.
Die Nachwahl des Matthias ist ein nüchternes, irdisches Ereignis. Im Erzählduktus des Lukasevangeliums und der Apostelgeschichte ist sie angesiedelt zwischen der Himmelfahrt und dem Pfingstereignis. Es geht darum, die Lücke zu füllen, die der Verrat des Judas und sein Ausscheiden aus dem Zwölferkreis gerissen hat. Die Jünger greifen das in der Antike gängige Losverfahren auf – eine pragmatische Lösung. Zugleich vertrauen sie darauf, dass Gott „seine Hand im Spiel“ hat und den „richtigen“ Kandidaten erwählt.
Der Text kann dazu einladen, die Bedeutung von Ämtern und Aufgaben zu reflektieren: Ämter sind ihren Inhabern anvertraut, sie sind nicht ihr Eigentum und nicht auf Ewigkeit angelegt. Wer die ihm anvertrauten Aufgabe nicht erfüllen kann oder sich nicht als würdig erweist, verliert die Berechtigung, das Amt weiter auszuüben. In vielen Teilen der Welt werden Ämter missbraucht, werden Menschen verraten und Amtsinhaber nutzen ihre Macht aus. Auch in der Kirche kann dies der Fall sein – etwa wenn Amtsträger auf der Seite der Reichen und Mächtigen stehen und es am Einsatz fehlen lassen, „den Armen des Evangelium zu verkünden“.
1 Joh 4, 11-16
Der Text stellt die Liebe Gottes und die Liebe der Menschen in den Mittelpunkt: Aus der Liebe, die Gott den Menschen schenkt, folgt die Liebe der Menschen zueinander, sie wurzelt im Geschenk der Liebe Gottes. Zugleich ist die Liebe der Menschen zueinander das Zeichen der Liebe Gottes und seiner fortdauernden Präsenz bei den Menschen: „Wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns und seine Liebe ist in uns vollendet“(1 Joh 4, 11-12). Die Sendung – Mission - der Christen ist es, von der Liebe Gottes zu den Menschen Zeugnis zu geben und so Gott in der Welt erfahrbar zu machen.
Der Text lädt dazu ein, sich ins Bewusstsein zu rufen, dass die Liebe im Zentrum der christlichen Botschaft steht: Das Engagement von Christen für Gerechtigkeit und Frieden, gegen Armut und Unterdrückung und für die Bewahrung der Schöpfung hat darin seinen Ursprung. Dieses Engagement ist nicht Aktionismus und auch nicht eine falsche Politisierung von Kirche und Religion, sondern wurzelt in der Sendung der Christen, die empfangene Liebe Gottes in die Welt zu bringen und daran mitzuarbeiten, dass all ein „Leben in Fülle“ haben.
Vertiefende Gedanken [allerdings zu Joh 15, 9-17]: https://www.missio-hilft.de/media/thema/spiritualitaet/predigt_plus/2015_7/PREDIGTPLUS_5-2015~1.pdf
Joh 17, 6a.11b-19
Dieses Gebet Jesu für die Jünger steht im Kontext der Abschiedsreden Jesu. Vor allem Joh 17, 15-18 macht Aussagen über das Verhältnis der Jünger Jesu zur Welt. „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin (…) Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt“. Man kann das Verhältnis zur Welt als ambivalent empfinden: Die Jünger sind die Welt gesandt, sie haben ihren Platz Welt – und zugleich sind sie doch nicht von dieser Welt. Darin kommt eine tiefe Bejahung der Welt zum Ausdruck, aber diese Welt hat nicht das letzte Wort. Die Jünger wissen um eine „andere Welt“ und um eine Wahrheit, die über diese Welt hinausgeht.
Dieses Verhältnis zur Welt, wie es in Joh 17, angedeutet ist, mag als Orientierungspunkt dienen auch für den Umgang der Christen „mit der Welt“, mit ihren Problemen, Unzulänglichkeiten und Anfragen: Die Welt ist nicht gleichgültig, ebenso wenig die Menschen in ihr leben oder auch nicht leben können. Die Welt will gestaltet werde und dies impliziert auch, dass niemand auf das Jenseits vertröstet werden darf. Aber zugleich ist die Welt nicht das Letzte und das Wirken der Jünger – der Christen – ist darauf angelegt, sie zu einem Ort zu machen, der auf Gott verweist.
Dr. Annette Wiesheu, Darmstadt