Pfingstmontag (21.5.18)

Pfingstmontag

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Eph 4, 11-15 (16) Apg 8, 1b.4.14-17
oder Ez 37, 1-14
Eph 1, 3a.4a.13-19a Lk 10, 21-24

Der Autor geht auf folgende Bibelstellen des Tages ein. Stichworte sind: „Wir sollen nicht mehr unmündige Kinder sein“ (Eph 4, 11-15(16)), „Reichtum einmal anders“ (Eph 1, 3a.4a.13-19a).

Predigtskizze: „Wir sollen nicht mehr unmündige Kinder sein“ (Eph 4, 11-15(16))

Vor 25 Jahren kam ein Filmepos in die Kinos, das viele Menschen tief bewegt hat. In „Schindlers Liste“ wurde 1993 das Leben und Wirken des Industriellen Oskar Schindler zur Zeit des Dritten Reiches auf die Leinwand gebracht. Bekannt wurde er, weil es ihm gelungen war, durch seinen zuvor erworbenen Reichtum, ca. 1200 Juden vor dem sicheren Tod im Vernichtungslager Ausschwitz zu bewahren. Was kostet ein Menschenleben bzw. mit wieviel Geld hätte (noch) ein Leben gerettet werden können, fragt er sich gegen Ende des Films unter Tränen?

Diese Frage hat nichts von ihrer Aktualität verloren. Reichtum und Geld sind auch heute noch lebensentscheidend. Bei uns in Deutschland geht es hierbei zwar (noch) nicht um Leben und Tod, aber um Schicksale und Zukunftschancen. Von Chancengleichheit kann beruflich für immer mehr Kinder und Jugendliche nicht die Rede sein, wenn ihre Eltern nicht den passenden finanziellen Hintergrund haben. Fragen der Gesundheit werden immer teurer und beileibe kann sich nicht jeder (mehr) das leisten, was ihm/ihr ein gutes und längeres Leben ermöglichen würde. Wir steuern auf Verhältnisse zu, wenn wir sie nicht schon längst erreicht haben, die mit Gerechtigkeit und Fairness nichts mehr zu tun haben.

Im Epheserbrief heißt es eindringlich: „Wir sollen nicht mehr unmündige Kinder sein, ein Spiel der Wellen, hin und her getrieben von jedem Widerstreit der Meinungen, dem Betrug der Menschen ausgeliefert, der Verschlagenheit, die in die Irre führt.“ Betrug und Verschlagenheit fällen seit jeher Todesurteile über unzählige Menschen. Die Profitgier, die Kaltschnäuzigkeit mit der auch heute noch über Leichen gegangen wird, hat nur überleben können, weil zu oft weggesehen, weggehört und über das Offensichtliche geschwiegen wurde. Es gilt den Mund aufzumachen und die Missstände beim Namen zu nennen. Wohin wollen wir uns noch entwickeln? Wieviel Klassen soll unsere Gesellschaft in Zukunft haben? Welches Leben hat bei uns, einem der reichsten Länder der Welt, noch Zukunft?

Oskar Schindler hat mit jüdischer Sklavenarbeit zunächst ein Vermögen gemacht. Ihm wurde aber mit der Zeit der Wahnsinn des damaligen menschenverachtenden, menschenvernichtenden Systems klar. In der Folge nimmt er eine radikale Kehrtwende vor. Er setzt in der Folge seinen ganzen Besitz dafür ein, so viele Juden wie möglich, unter seinen Schutz zu stellen.

Direkte Vergleiche mit der NS-Zeit verbieten sich, da der Holocaust mit nichts zu vergleichen ist. Und dennoch brauchen wir uns heute nicht allzu selbstzufrieden den Bauch reiben, denn Tendenzen der Abwertung und Ausgrenzung, des bewussten Preisgebens und schulterzuckenden Wegsehens gibt es heute immer mehr. In Zeiten, in denen Steuereinnahmen (immer noch/ wieder) sprudeln, ist es nicht nachvollziehbar, dass offensichtliche Missstände so scheinbar teilnahmslos geduldet werden. Was kommt dann erst auf uns zu, wenn die Zeiten nicht mehr so rosig sind?

Bezug zur Nachhaltigkeit:

„Reichtum einmal anders“ (Eph 1, 3a.4a.13-19a)

Was heißt „Reichtum“? Was hat welchen Wert für wen? Ideelle, materielle, geistige und spirituelle Werte haben oftmals unterschiedliche Haltbarkeitsdaten. Was ist vergänglich und was ist für ewig?

Von „Reichtum einmal anders“ ist im 1. Kapitel des Epheserbriefes die Rede. Dort heißt es: „Er (der Geist Gottes) erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, (…), welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes“ schenkt. Sein Erbe, seine Botschaft, sein Geist ist sein Geschenk an uns. Über diesen Reichtum dürfen wir uns freuen, aber er ist kein Selbstzweck, den wir für uns behalten sollen. Aus Gottes Geist heraus für andere da sein, freigiebig sein, das macht reich. Nicht nur mich selbst.

Unsere Welt hat nur eine Zukunft, wenn wir uns unseres geistigen und spirituellen Erbes bewusst sind und aus diesem Geist heraus für andere da sind. Materielles Erbe und das hat die Geschichte immer wieder gezeigt, kann sich schnell in Luft auflösen. Viel wichtiger ist die Botschaft der Menschlichkeit die Jahrtausende überdauert hat und die hoffentlich noch Jahrtausende überdauern wird. Diesen Reichtum, diesen Schatz gilt es in jeder und für jede Generation zu heben, damit die Menschheit eine Zukunft hat. Nationen, Bündnisse und Strukturen sollten nicht nach ihrer Kaufkraft, ihrer militärischen Stärke und ihrem politischen Einfluss bewertet werden, sondern nach dem Grad an Menschlichkeit, der in ihnen (vor-) gelebt wird.

Thomas Stephan, Speyer

Literatur:

Die Bibel. Einheitsübersetzung. Altes und Neues Testament, (Hrsg. Im Auftrag der Bischöfe Deutschlands, Österreichs, der Schweiz…), Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart 1980.