„W“ wie „Wie viel ist genug?“

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"Wie viel ist genug?" ist die Leitfrage, die 2005 zum Start des Projekts "nachhaltig predigen" führte. Sie verdeutlicht allgemein verständlich die Bedeutung von "Suffizienz": Immer mehr, immer schneller, immer höher - oder wie viel ist genug?

Dr. Meisinger, Koordinator der EKHN für unser Projekt, weist in diesem Zusammenhang mit Recht auf das "Weniger" hin.

Offensive Weniger-Strategien bedeuten, Wandel zu gestalten: "Gutes Leben. Für alle!" lautet die aktuelle Kampagne des Bistums Speyer und des Misereor e.V. für einen Wandel: Für alle - statt nur für Viele.

"Wie viel ist genug?" - ♥ - "Darf es viel weniger sein?"



SANY0084-180Die Frage "Wie viel ist genug?" entspricht gleichsam dem Öffnen der "Büchse der Pandora" aus der griechischen Sage! Viele würden sie lieber geschlossen halten, und damit auch die Augen vor Problemen und Herausforderungen.

Einmal geöffnet regt sie zum Nachdenken an! Es ist kein einfaches Nachdenken. Wo bis dahin die Leistungsfähigkeit - technisch, körperlich, finanziell, ... - eine einfach verständliche Grenze für das "Wie viel ist genug?" war, tritt mit der ernsten Frage eine nervös machende Unsicherheit auf: Wo soll ich die Grenze setzen, wo sollen wir die Grenze denn dann setzen?!

Gibt es "vernünftige", "wissenschaftliche", "gesicherte" Kriterien?!

 

Dass das rechte Maß in vielen Fällen längst aus dem Blick entschwunden ist, zeigen 20-100 Kilometer lange Staus auf Autobahnen, die Diskussion über Fracking oder die Verseuchung der Erde - in christlicher Perspektive Gottes Schöpfung - über viele Tausende von Jahren mit der radioaktiven Strahlung von Fukushima, Sellafield und Tschernobyl. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Atomkraftwerke werden seit 50 Jahren gebaut. Sie produzieren hoch radioaktiven Atommüll, über Millionen von Jahren lebensgefährlich. Es gibt auf der ganzen Erde kein einziges sicheres Endlager, trotzdem produziert die Welt immer weiter und immer mehr von diesen Abfällen, obwohl noch nicht einmal für die bereits vorhandenen Abfälle eine Lösung in Sicht ist.

Es ist an der Zeit, die "Büchse der Pandora" zu öffnen, statt den nachfolgenden Generationen auf diesem Planeten eine noch viel gefährlichere "Büchse" in Form von verseuchter Erde und hochradioaktivem Plutonium zu hinterlassen, wobei wir gleichzeitig sämtliche Energiereserven verbraucht haben, die unsere Nachfolger auf dem Planeten dringend benötigen würden, um die von uns gemachten Probleme zu lösen.

 

Bringen wir den Stein ins Rollen!AusschnittTitel-180

Zu seiner Amtseinführung im Jahr 2008 gab Bischof Dr. Tebartz-van Elst eine 80-seitige Broschüre heraus. Auf dem Titel stand zu lesen: »Wo Kirche Konturen hat, wird Glaube anschaulich.« (s. Abb. rechts). Sehr anschaulich ist im Kasus Limburg auf jeden Fall das komplexe Spannungsfeld zwischen individuellem Anspruch und gesellschaftlichem Auftrag geworden, das die Frage "Wie viel ist genug?" - und alle, die sich ihr täglich zu stellen haben - unausweichlich begleitet. Vielfältige Konturen der Kirche wurden hier erkennbar - sowie der in der Gemeinde gelebte und erlebte Glaube. Die ausgelösten Diskussionen sind langfristig möglicherweise mehr wert als die 30 Millionen Euro, die sie ursprünglich auslösten.

Wenn die "Büchse der Pandora" - die unbequeme, verunsichernde Frage nach dem "Wie viel ist genug?" - geöffnet ist, sollten wir genau hinsehen und uns unsere Gedanken machen, wie wir mit dem Gesehenen verantwortlich und zukunftsweisend umgehen.

FranziskusFAZ-180

In seinem ersten Hirtenbrief schrieb Bischof Dr. Trebartz-van Elst: "Wo wir vor neuen Aufgaben stehen, spüren wir: Der Anfang muss gelingen, soll das Ganze gelingen. Deshalb umgeben wir solche Aufbrüche mit einem eigenen Glanz." (S. 72 der genannten Broschüre).

Eine ganz andere Aufbruchs-Botschaft kommt von Papst Franziskus. Auch hier lässt sich das obige Wort vom "eigenen Glanz" wiederfinden - der Glanz der Bescheidenheit, die christlichen Botschaft für den Menschen, den Armen, ungerecht Behandelten zugewandt, den "Losern", die bei vielen so genannten Win-Win-Situationen des "mehr und immer mehr" unbeachtet hinten herunterfallen.
(Bild: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.12.13 - Artikel "Tyrannei des Marktes" / © AP / FAZ)

 

Was ist zu tun? Das "Weniger" gestalten!

Nichts Anstrengendes, qualitativ Hochwertiges geschieht von allein. Dem steht u. a. das physikalische Prinzip der Entropie entgegen: Um eine neue Ordnung zu schaffen, müssen wir Energie aufbringen. Das "Weniger" bedeutet einen aktiven Prozess des "Change Managements", gegen den Trend. Der Glaube gibt dabei Orientierung.

Qualitativ:

  • Den Stromverbrauch senken und auf erneuerbare Energie umsteigen, wenn Millionen Jahre hochradioaktiver Atommüll vermieden werden sollen - und gesellschaftlich / politisch für konsequentes Energiesparen aktiv werden
  • Beim Konsum sich über die Herstellung / Energieintensität der Produkte informieren
  • Konsum-Automatismen hinterfragen - brauche ich das wirklich, oder ist "man" das einfach nur so gewohnt?
  • Die eigene Intelligenz und das eigene Urteilsvermögen einschalten - statt der Fernsehers.
  • Schicken Sie Ihre Vorschläge an uns.

Quantitativ:

  • Am Konzept der "2000 Watt-Gesellschaft" teilnehmen - als Gemeinde, als Privatperson, kommunalpolitisch (s. a. Suffizienz-Themenbox "Zürich" www.novatlantis.ch)
  • Den eigenen Heizenergiebedarf prüfen: Bei mehr als 100 Kilowattstunden (bzw. 10 Litern Heizöl) pro Quadratmeter Wohnfläche gibt es etwas zu tun!
  • Das Handy 10 Jahre lang benutzen und nicht nur 2 Jahre - den globalen "Software-Update-Wahn" ausbremsen (s. a. Suffizienz-Themenbox "Produktlebensdauer").
  • Schicken Sie Ihre eigenen Vorschläge an uns.

 

Dieses Weniger ist ein qualitatives Mehr. Es bremst nicht aus, sondern gibt Raum für globale Gestaltung und soziale und technologische Kreativität.