3. Adventsonntag (Gaudete)
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Mt 11,2-10 | Jes 61, 1-2a.10-11 | 1 Thess 5, 16-24 | Joh 1, 6-8.19-28 |
Einordnung
Die lateinische Bezeichnung weist auf den Eingangsvers aus dem Philipperbrief hin: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Denn der Herr ist nahe!" (Phil 4,4-5). In der liturgischen Tradition der katholischen Kirche ist heute die liturgische Farbe rosa – ein Symbol dafür, dass die violette Farbe der Buß- und Fastenzeit schon aufgehellt wird vom weihnachtlichen Glanz.
Im Kalender der Gedenk- und Aktionstage 2023 sind für den 17.12. der Tag gegen die Ausbeutung von Sexarbeiterinnen vermerkt; am 18.12. der Tag der Migranten, am 19.12. der Gedenktag für die Opfer von Verfolgung der Sinti und Roma und am 20.12. der Welttag der menschlichen Solidarität. Die Texte können auch in diesem Kontext der Wachsamkeit gegen Ausgrenzung, Verfolgung und für ein gutes Miteinander gelesen werden.
Mt 11,2-10 (ev.)
Ein zentraler Text zu einer zentralen Person der Evangelien. Johannes der Täufer lässt aus dem Gefängnis durch Boten fragen, wer Jesus sei. Er zweifelt offenbar, ob die Botschaft, die er bisher verkündet hat, richtig war. Johannes verliert im Gefängnis scheinbar die Hoffnung, dass sich erfüllen wird, was er sein ganzes Leben lang geglaubt und gehofft hat: Der Messias kommt bald!
Und als Antwort bekommt er nicht etwa eine eindeutige Aussage diese Jesus: „Ja, ich bin der Messias, du hast alles richtig gemacht!" – Nein, er bekommt eine Beschreibung von Ereignissen, von denen Augenzeugen berichten: Heilungen und Wunder. Er muss sich also entscheiden, ober er vertraut und glaubt oder ob er „Anstoß nimmt" (V 6). Er hört ja nicht, was Jesus dann zu den Umstehenden sagt: Dieser ist es... (V10).
Keine leichte Situation für Johannes. Er hat sein ganzes Leben lang auf Jesus als Messias hingewiesen. Schon im Mutterleib hat er sich hüpfend gefreut. (Lk 1,41) Jetzt im Gefängnis beschleicht ihn Furcht, dass er sich geirrt haben könnte. – Das geht vermutlich vielen Menschen so, die sich mit ganzer Kraft für etwas eingesetzt haben: Wenn das Ziel zum Greifen nah ist, kommen Zweifel und der Mensch braucht eine Bestätigung. Eine Ermutigung, dass die Hoffnung trägt. Manchmal kommt sie nicht als klare Antwort, sondern als Hinweis auf „Zeichen und Wunder". Gut, wenn dann Zeugen da sind. Sie können bestärken und Mut machen. So könnten wir als Christen wirken: Zeugen, die ermutigen, dass die Hoffnung sie trägt. Die Hoffnung und der Glaube, dass Jesus Christus der ist, der kommen soll!
Jesaja 61,1-2a.10-11 (kath.)
Jesaja spricht zum Volk Gottes im Exil. Die Menschen sind bedrückt, verzweifelt, am Ende. Was soll jetzt noch kommen? Da tritt Jesaja auf und verkündet voll Freude, dass er eine frohe Botschaft hat und alles gut wird. Er freut sich so richtig über Gott und jubelt vor aller Ohren.
Jesus hat diesen Text später auf sich bezogen (Lk 4,18-19). Seine Botschaft vom Reich Gottes ist die gute Nachricht, die Erlösung für alle Armen bedeutet. Und heute hören Christen diese Botschaft im Gottesdienst.
In allen Krisen und Konflikten, in denen sich die Menschheit und auch einzelne Menschen immer wieder und immer noch befinden, trifft die Botschaft auf andere Ohren: Ein Gnadenjahr des Herrn wird ausgerufen. Eine frohe Botschaft verkündet.
Wie viel Kraft steckt da drin! Wenn Gott etwas sagt, dann ist das so. Er plant nicht lange und vergisst dann etwas. Wenn Gott sagt, „Es werde Licht", dann ist es auch schon hell. Manchmal ist das schwer vorstellbar – ich sehe die Armen, Unterdrückten, Ausgebeuteten in Deutschland und der Welt und frage mich, wo denn da das Heil ist. Wo sind Freiheit, Heilung und Erlass der Schuld(en)? Doch alles nur billige Vertröstung?
Vielleicht kann Jesaja heute dazu ermutigen, mit Motivation und Freude Dinge zu behaupten, die noch nicht Wirklichkeit sind, aber die so angestrebt werden. Nach dem Motto „Worte schaffen Wirklichkeit ". – Ja ein bisschen Utopismus und Naivität braucht man dazu, aber das war im babylonischen Exil sicher nicht anders. Und damals wurde der Traum Wirklichkeit! Der Text kann eine Ermutigung sein, an das Heil zu glauben, auch wenn es in der erlebten Realität nicht greifbar ist. Dann gelingt es hoffentlich auch, mit Freude auf die neue Wirklichkeit hinzuarbeiten.
1 Thess 5,16-24 (kath.)
Der Thessalonicherbrief hält eine ganze Reihe Aufforderungen bereit. Die erste ist „Freut euch!" – passend zum heutigen Tag „Gaudete!". Viele Menschen haben Probleme mit verordneter Fröhlichkeit und Freude auf Knopfdruck. Da kommen eher ungute Gefühle hoch, wenn ich daran denke, Freude über Tante Hertas Geschenk heucheln zu müssen ...
Echte Freude kommt von Herzen. Man kann sie nicht befehlen. Aber man kann sie üben! Ein wichtiger erster Schritt steht in V 18 „Dankt für alles!" – wenn ich kleine Riutale der Dankbarkeit pflege, dann fallen mir plötzlich viele schöne Dinge in meinem Leben auf, über die ich mich dann auch freuen kann. Und was erst nur eine Übung für den Kopf ist (Wie dankbar können wir sein, dass wir uns an Weihnachten Geschenke machen können!), sickert langsam ins Herz und wird zur Haltung.
Dann bete ich schon fast automatisch und danke für das unverdiente Glück. Und dann soll ich wachsam bleiben – man könnte es heute auch Achtsamkeit nennen: für das Gute, für weise Worte und für begeisternde Ideen! Alles nicht so einfach, aber man kann es üben.
Und ich bin nicht alleine bei meinen Bemühungen. „Gott, der euch beruft, ist treu!" (V 24) – Gott steht mir bei!
Und gelegentliche Freude heißt ja nicht, dass ich alles Leid der Welt vergesse. Anerkennung von Leid und Freude gehören zusammen. Und Freude ist wichtig für die eigene Motivation und damit ich andere ermutigen kann (s.o. zu Jesaja).
Evangelium Joh 1,6-8.19-28 (kath.)
Die Verse 6-8 sind quasi ein Einschub in den Hymnus des Johannesprolog. Sie werden hier mit der Erzählung vom Auftreten des Johannes verbunden. So wird die Aussage über die Bedeutung des Johannes noch betont.
Im Johannes-Evangelium gibt es viele „Ich-bin-Worte". Die meisten davon beziehen sich auf Jesus. Einige auf Johannes. In diesem Text erklärt sind es zunächst „negative Ich-bin-Worte". Johannes erklärt, was er nicht ist: Elija oder der Messias selbst. Dann erst beschreibt Johannes seinen Dienst, der mit seiner Person verbunden ist: Er ist der Rufer in der Wüste, der Vorläufer. Der, der sein ganzes Leben lang auf Jesus als den Messias hinweist. Schon im Mutterleib hat er sich hüpfend gefreut (Lk 1,41).
Er ist der Hinweisgeber, der den Messias ankündigt. Das könnte Grund zur Freude sein – für die Priester und Leviten im Text ist es erstmal Grund zur Nachfrage. Sie wollen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Ihr Misstrauen ist zwischen den Zeilen zu hören.
Die frohe Botschaft des Johannes können sie nicht aufnehmen: „Mitten unter euch ist einer..." – das bedeutet ja, der Retter ist schon ganz nah. Die Juden aber „kennen ihn nicht" (V26).
Johannes kann ein Vorbild sein: Er weist über sich hinaus. Seine Person ist ein Verweis. Ähnlich wie ein Christ so leben sollte, dass sein Leben auf seinen Glauben hinweist.
Die Umsetzung der Hinweise im Thessalonicherbrief könnten ein Anfang sein. – Damit ich als Christen von innen her mit Freude erfüllt werde und diese Freude auf meine Hoffnung verweist: Gott wird nicht nur als Kind geboren und kommt so uns Menschen nah. Gottes Sohn stirbt sogar, damit die Menschen erlöst sind und Grund zu ewiger Freude haben.
Eva Reuter, Mainz