6. Sonntag nach Trinitatis / 15. Sonntag im Jahreskreis (12.07.15)

VorschlÀge der Perikopenrevision (EKD/VELKD/UEK): Jes 43,1-7; 1Petr 2,2-10; Apg 8,26-39; 5Mose 7,6-12; Mt 28,16-20;
Röm 6,3-8(9-
11) [www.stichwortp.de]

 

6. Sonntag nach Trinitatis / 15. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Mt 28, 16-20 Am 7, 12-15 Eph 1, 3-14 oder kurz
Eph 1, 3-10
Mk 6, 7-13

Stellung im Kirchenjahr:

Die Sonntage im Umfeld thematisieren in unterschiedlicher Weise die Chancen und Schwierigkeiten der VerkĂŒndigung, die auch Jesus selbst – etwa in seiner Heimatstadt – erfĂ€hrt. Umso mehr laden die Schriftlesungen dazu ein, sich neu darauf zu besinnen, von wem und wozu Christen in die Welt gesandt sind.

In der anschließenden Woche jĂ€hrt sich am Montag zum 30. Mal das Benefiz-Konzert „Live Aid“ zugunsten der Hungerhilfe in Afrika, das damals aus London und Philadelphia weltweit ĂŒbertragen wurde. Am 15. Juli ist es 60 Jahre her, dass sich zahlreiche NobelpreistrĂ€ger in der sogenannten „Mainauer Resolution“ gegen den Missbrauch der Kernenergie aussprachen.

Exegetische Anmerkungen

Mt 28, 16-20:

Der Text, der sich in eine erzĂ€hlende Vorbemerkung (VV. 16f) und die letzten Worte Jesu (VV. 18-20) gliedert, schlĂ€gt in verschiedener Weise einen Bogen zur Vorgeschichte des Evangeliums (1,1-2,23). So sind wie im Stammbaum Jesu und dem Besuch der drei Sterndeuter alle Völker im Blick. Ein weiterer gemeinsamer Fokus ist der Name Jesu, der Gottes Wille zur Rettung sowie seine ewige Treue und SolidaritĂ€t zu den Menschen unterstreicht (Immanuel – Gott mit uns; bei Euch alle Tage).

Am 7, 12-15:

Amos agiert im Kontext einer scheinbaren WirtschaftsblĂŒte, die auf dem RĂŒcken der Menschen erreicht wurde. Zugleich hat die Rechtsordnung den Menschen zu einem Objekt der Macht degradiert, einzig seine ErwerbsfĂ€higkeit zĂ€hlt. Dem Propheten ist klar: Wenn die Ausbeutung weitergeht, wird der Staat untergehen.

Im Hintergrund der Perikope erlebt Amos die Visionen einer Heuschreckenplage sowie einer katastrophalen Feuerbrunst, die alle bestehenden NaturverhÀltnisse sprengt. Ihm wird bewusst, dass er nicht tatenlos bleiben kann und Gottes Wort weitertragen muss.

Eph 1, 3-14:

Die Eingangseulogie, in ihrer AusfĂŒhrlichkeit einmalig im NT, fokussiert nach dem Lobpreis Gottes die Berufung zur intimen Verbundenheit des Christen mit dem Schöpfer als dessen Sohn bzw. Tochter. Mit dieser Teilhabe verbindet sich die Verantwortung, das eigene Leben in Gottes Heilswirken hineinzuverweben, wobei der Verfasser sich gegen eine individualistische Sichtweise wehrt und durchgehend das gemeinchristliche „Wir“ beibehĂ€lt. Er zeigt sich ĂŒberzeugt, dass aus der FĂŒlle und Tiefe des Glaubens angesetztes Denken und mutig gelebter Glaube auch in einer gleichgĂŒltigen oder glaubensfeindlichen Umwelt die verborgenen KrĂ€fte Gottes erkennen lassen.

Mk 6, 7-13:

Anschließend an die ErzĂ€hlung von Jesu Aufenthalt in Nazaret und eine kurzen Rahmenbemerkung (V. 6b) eröffnet die Aussendung einen lĂ€ngeren Abschnitt der bis 8, 26 reicht und Jesu „unstete Wanderschaft“ (Gnilka) beschreibt. Die Perikope unterstreicht mit den zahlreichen Forderungen, die Jesu den JĂŒngern auf ihren Weg gibt, die RadikalitĂ€t der Nachfolge. Diese zeigt sich im Verzicht auf jede Form eines doppelten Bodens und dadurch in der Bereitschaft des JĂŒngers, sich ganz und gar auf Gott zu verlassen, sich ihm anzuvertrauen. Aber genau diese RadikalitĂ€t im eigenen Verhalten stĂ€rkt auch die GlaubwĂŒrdigkeit des/der VerkĂŒndenden, gerade in ihrem Aufruf zur Umkehr, die Voraussetzung fĂŒr Befreiung und Heilung wird.

Predigtskizze

Sich in unterschiedliche Weise der eigenen Berufung erinnern und sich ihrer zu vergewissern tut gut und immer wieder not. Das geschieht, indem wir immer wieder den Alltag unterbrechen und inne halten (Mt) oder durch Ă€ußere UmstĂ€nde dazu veranlasst werden (Am). Ein wesentlicher Faktor unserer Berufung ist auch die Erinnerung an Gottes Zusage, mit uns bzw. mit seiner Schöpfung zu sein und seinen Bund nicht widerrufen zu wollen. Gottes Treue ist unverbrĂŒchlich und bleibend (Mt, Eph).

Das bedeutet jedoch nicht, dass wir uns in einer „comfort zone“ befinden oder uns gar auf eine solche zurĂŒckziehen. Mit unserer Berufung einher gehen Gottes Anspruch an uns, unser Leben evangeliumsgemĂ€ĂŸ („heilig und untadelig“) zu gestalten, um glaubwĂŒrdig unserer Verantwortung fĂŒr die Schöpfung nachkommen zu können und wirklich und – so Gott will – wirksam prophetisch aufzutreten. Erst wenn und weil wir Gottes Heil in uns ankommen und wirken lassen, können wir zu seinem Werkzeug werden, mit dessen Hilfe Verlorenes wiedergefunden, Verzerrtes entkrampft und Verdorbenes geheilt werden kann.

BezĂŒge zur Nachhaltigkeit, Beispiele zur Umsetzung und weitere Kontexte

1. Besinnung auf den eigenen, prophetischen Auftrag (Am, Mk)

Die christliche Mission lebt vom persönlichen Zeugnis. Sie lebt davon, dass MĂ€nner und Frauen sich vom Evangelium ergreifen lassen und „um Gottes willen“ VerkĂŒnder eines menschenfreundlichen Gottes, TrĂ€gerinnen und TrĂ€ger von Entwicklung, Werkzeuge des Friedens, AnwĂ€lte der MenschenwĂŒrde werden. „Mission“ in diesem Sinne wird in den gegenwĂ€rtigen Zeiten religiöser Sprachlosigkeit, aggressiver Globalisierung und der Ausgrenzung der Schwachen sogar dringlicher denn je zuvor.

Hermann SchalĂŒck, Was dem Leben dient. Missionarische SpiritualitĂ€t heute. Aachen: Missio, 2005, 113f

Die Initiative „Brot und Rosen“ wurde inspiriert durch das persönliche Kennenlernen verschiedener christlicher Gemeinschaften in den USA. „Dort erlebten wir eine einmalige Kombination von: sozialem Dienst, politischer Aktion und gemeinsamem Leben.

Gemeinschaften wie „The Catholic Worker“, die „Open Door Community“ und „Sojourners“ nehmen Obdachlose und FlĂŒchtlinge in "HĂ€usern der Gastfreundschaft" auf; sie teilen mit ihnen ihre Mahlzeiten, Zeit, Geld, veranstalten Mahnwachen, SuppenkĂŒchen und Gottesdienste; mit Kriegsopfern aus den armen LĂ€ndern gehen sie gemeinsam gegen Militarismus auf die Straße. Zusammen mit den „MitbewohnerInnen von der Straße“ prangern sie die wachsende Obdachlosigkeit öffentlich an. Die Gemeinschaften haben ein lebendiges Gebetsleben, Gottesdienste und Feste.

Bewusst als christliche Gemeinschaft lebend, versuchen sie, „eine neue Gesellschaft innerhalb der alten“ (Peter Maurin) aufzubauen. Unsere Vision ist von Erfahrungen im Mitleben in diesen und anderen Gemeinschaften geprĂ€gt.“

Mehr Infos unter http://brot-und-rosen.de und http://www.catholicworker.org/

2. Heilsam wirken und befreien (Mk, Mt)

Bei den „Street DOCs“ in Ludwigshafen handelt es sich um ein Kooperationsprojekt der Ökumenischen Fördergemeinschaft GmbH und dem von der Caritas getragenen Haus St. Martin zur niederschwelligen GesundheitsfĂŒrsorge fĂŒr Randgruppen in Ludwigshafen. Seit Oktober 2013 arbeitet eine Gruppe von Ärzten und Arzthelferinnen um Dr. Peter Uebel sowie SozialpĂ€dagogen ehrenamtlich, um den Menschen, die den Zugang zum regulĂ€ren Gesundheitssystem verloren haben, eine medizinische Erstversorgung, psychosoziale Beratung sowie, falls möglich, eine Wiedereingliederung in das Gesundheitssystem zu ermöglichen.

Mehr Infos ĂŒber http://www.foerdergemeinschaft.de/wb/

3. Der eigenen Verantwortung, dem eigenen Anspruch gerecht werden (Am, Eph)

Die Kirche der Zukunft wird sich noch stĂ€rker als bisher auf ihr Prophetenamt besinnen. Propheten sind lĂ€stig fĂŒr die Welt. Auch in der Kirche waren und sind Propheten lĂ€stig (
). Aber nicht zum Ja-Sagen hat Christus die Kirche gestiftet, sondern als Zeichen des Widerspruchs.

Die Kirche der Zukunft wird eher in Schwierigkeiten mit den MĂ€chtigen kommen, sie wird sich nicht den Mund stopfen lassen mit Geld und Ehren und sich nicht gleichschalten lassen mit politischen Systemen.

Franz König, Gedanken fĂŒr ein erfĂŒlltes Leben, Wien: Styria, 2004, 115

Dr. Joachim Feldes, Dannstadt-Schauernheim

Literatur:
Blumenthal, Christian: Gott im Markus-Evangelium. Wort und Gegenwart Gottes bei Markus = Biblisch-theologische Studien 144. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Theologie, 2011.
Finnern, Sönke: Narratologie und biblische Exegese: eine integrative ErzĂ€hlanalyse und ihr Ertrag am Beispiel von MatthĂ€us 28 = Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 285. TĂŒbingen: Mohr-Siebeck, 2010.
LeinhĂ€upl, Andreas (Hg.): Der Epheserbrief – von der Anziehungskraft gelebter Kirche. Bibelauslegungen mit PraxisvorschlĂ€gen. Stuttgart: Verlag Kath. Bibelwerk, 2010.
Steins, Georg: Gericht und Vergebung. Re-Visionen zum Amosbuch. = Stuttgarter Bibelstudien 221. Stuttgart: Verlag Kath. Bibelwerk, 2010.