14. Sonntag nach Trinitatis / 25. Sonntag im Jahreskreis (18.09.22)

14. Sonntag nach Trinitatis / 25. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Jes 12,1-6 Am 8, 4-7 1 Tim 2, 1-8 Lk 16, 1-13


Jesaja 12

In Zeiten der Klimakatastrophe oder Pandemien legt Jes 12,1 nahe, dass es sich um Strafen des zürnenden Gottes handelt. Aber Gott kann auch zornig sein auf das Vergehen der Menschen, denen er seine Schöpfung anvertraut hat, ohne selbst Verursacher zu sein. Sein Zorn kann sich aber wenden, wenn der Mensch / die Menschheit sich ihm wieder zuwendet und in seinem Sinn diese Eine Welt nachhaltig kultiviert. Gott kann dann in der immer noch bestehenden Not zum Heil-Land werden, dem wir entgegen gehen, als Retter, der uns ermutigt und befähigt, Überragendes zu vollbringen.

Amos 8

Papst Franziskus klagt in Laudato si und Fratelli tutti das Skandalöse einer menschenverachtenden Marktwirtschaft an. Man könnte den Eindruck haben, das war schon immer so, dass Wirtschaft und Gewinn über Menschenrecht und Solidarität steht. Aber nicht nur Gott vergisst nicht, sondern auch die Mutter Erde: der Raubbau der Ressourcen wird über Generationen Schäden anrichten und unvergessen bleiben. Dem Betrug am Volk folgt eine Flüchtlingswelle nach der anderen. Gerade die geschmähten ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘, die die Ausbeutung im eigenen Land – und dies nicht nur durch die eigenen Herrscher – satt haben, sind ein drastischer Appell zur Umkehr. Aber nicht jene müssen umkehren, sondern wir in den reichen Ländern, indem wir erkennen: Nachhaltigkeit endet nicht an unserer Landesgrenze und mit einigen Klimaschutzaktionen. Die Schöpfung retten und die Würde jedes Menschen bewahren setzt eine eigene innere Umkehr voraus. Und diese zeigt sich im Verzicht darauf, andere, aber auch mich selbst zu betrügen.

1 Timotheus 2

Es ist leichter, Politiker und Machthabende zu kritisieren als für sie zu beten. Aber ‹beten› darf auch nicht als Delegation verstanden werden: mach du mal, lieber Gott! Wenn Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen, dann ist er auf unsere Mithilfe angewiesen. Dann müssen auch wir alles uns Mögliche tun, um Menschenleben zu retten und der Wahrheit immer ein Stück näher zu kommen. Dieses Beten, frei von Zorn und Streit, sucht den Dialog: mit Gott, aber auch mit den Machthabenden. Es lädt diese ein, sich gemeinsam auf den auszurichten, der das Heil des Menschen und der Welt im Blick hat. Ein solches Beten inspiriert und motiviert dazu, sich auf die Weltanschauung Jesu einzulassen, für den der einzelne Mensch, aber auch die gesamte Natur ein ‹heiliger Boden› der Präsenz Gottes und für das Heil der Welt ist.

Lukas 16

Bill Gates als Vorbild? Relativ betrachtet kommt er dem ‹ungerechten Verwalter› in dem Gleichnis nahe. Er besitzt ein Vermögen von ca. 154 Milliarden US-Dollar, hat aber auch schon mit seiner Bill & Melinda Gates Stiftung nach eigenen Angaben bereits mehr als 54 Milliarden US-Dollar für Projekte ausgegeben. Der Verwalter scheint auch zu den Superreichen gehört zu haben, wenn er einfach so mal 50 Fass Öl, also fast 2000 Liter, und 20 Sack Weizen (ca. 160 Zentner) nachlassen kann, nur um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen? Aber dafür lobt ihn Jesus!

Es wäre also eine falsche Interpretation dieses Gleichnisses, von «Gott oder Mammon» bzw. «Geld oder Leben» zu sprechen. Jesus hat gar nicht im Sinn, dass nur die Armen ins Himmelreich kommen. Man darf ruhig reich sein – es kommt nur darauf an, was man daraus macht. Jesus hat nur etwas gegen die ‹unersättlich Reichen›, die mit dem Gewinn noch grössere Scheunen bauen (Lukas 12,16-21). Wenn man sich aber mit dem ungerechten Mammon Freunde macht (Vers 9), dann ist man in den Augen Jesu klug.

Nur ein Thema für Superreiche? Sicher nicht. Ich freue mich doch auch, wenn mein Rentenfonds eine ordentliche Rendite abwirft. Die Frage ist doch viel mehr: Was mache ich mit meinen Gewinnen? Wirtschafte ich nachhaltig? Frage ich mich, wieviel ich wirklich brauche, um auch morgen oder im Alter noch recht sorgenfrei leben zu können? Und gebe ich von dem, was man als ‹überschüssig› bezeichnen könnte, ab für die Bedürftigen, für den Klimaschutz, für Katastrophenhilfe?

Nachhaltigkeit setzt Grenzen: nicht mehr abholzen als nachwachsen kann, nicht mehr einkaufen als ich tatsächlich verbrauche, nicht mehr an Geld anhäufen als ich brauche, um wirtschaftlich liquid zu bleiben und investieren zu können. Und die beste Investition, so Jesus, ist die in bedürftige Menschen, die dadurch zu Freunden werden. Denn sie werden mich dann durchfüttern, wenn die Kündigung doch kommen sollte, weil sie wissen, was es heisst, arm zu sein und Hilfe bekommen zu haben.

Dr. Rudolf Vögele, Zürich