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1 Kor 15,50-58 | Apg 2, 14.22-33 | 1 Kor 15, 1-8.11 | Lk 24, 13-35 od. Mt 28, 8-15 |
1. Korinther 15,1-8.11 und 1. Korinther 15,50-58
Es gibt „einige“ in der Gemeinde in Korinth, die sagen: „Es gibt keine Auferstehung der Toten!“ (V.12). Mit dieser Behauptung setzt sich Paulus in 1. Kor 15 auseinander. Was genau die „einigen“ dazu gebracht hat, gegen die bisherige Überlieferung (V. 3.12) eine andere Meinung zu vertreten, wird bei Paulus nicht ganz deutlich. Es könnte eine Grundhaltung dahinterstehen, die alles Körperlich-Materielle für minderwertig hält und alles „Geistige“ für überlegen. Die eigentliche Erlösung ist demgemäß in der Taufe geschehen mit der Verleihung des Heiligen Geistes. Dieser Geist zeigt sich dann in übernatürlichen Gaben, mit denen man (böse formuliert) sein Ich vor anderen präsentieren kann (1. Kor 1-2, 12+14). Der leibliche Tod spielt keine Rolle mehr, und eine körperlich gedachte Auferstehung ebenso nicht.
Es liegt auf der Hand, dass eine solche Lebenseinstellung zumindest individualistisch ist, wenn nicht gar elitär. Wenn einige in Korinth den anderen mit ihren tollen Geistesgaben imponieren, ist das dieselbe Grundhaltung, mit der (damals und) heute manche ihren Reichtum, ihre Leistung, ihr … zur Schau stellen – und letztlich das eigene Wohlbefinden (ich will kein Tempolimit, ich will mich überhaupt nicht einschränken für Klimaschutz oder Tierschutz oder irgendwas) über alles andere stellen. Paulus argumentiert dagegen im ganzen 1Kor stets im Sinne des Gemeindewohls – wobei das Wohl aller mit dem Wohl des Einzelnen unmittelbar zusammenhängt (1Kor 13) und diese Grundeinstellung dem entspricht, was Gott in Jesus Christus für uns getan hat.
In 1Kor 15 beginnt Paulus seine Argumentation, indem er sagt: Jesus selbst ist doch auferstanden, das sagt ja auch unsere christliche Überlieferung (V. 1-11) – dann gibt es mindestens ein Beispiel für die Auferstehung von den Toten, und dann kann es nicht stimmen, wenn jemand sagt: sowas gibt’s gar nicht (V. 12).
Dass Christus auferweckt wurde, ist kein fake news – dagegen spricht für Paulus die christliche Überlieferung (V.3-5), und das wiederum entspricht voll und ganz dem, was schon in den Heiligen Schriften Israels über Gottes Handeln als Schöpfer, Erhalter und Erlöser geschrieben steht (V.3-4). Und das haben auch viele erfahren, die jetzt noch leben (V.6) – und auch Paulus selbst (V.8). Tradition und lebendige Gegenwart des Glaubens sagen dasselbe: Jesus wurde für unsere Sünden gekreuzigt und ist dann auferstanden, um allen das Leben zu bringen. Diese Auferstehungshoffnung ist „demokratisch“ und nicht „elitär“ (wie bei denen, welche die leibliche Auferstehung bestreiten).
Aber: wenn Paulus von einem neuen, ewigen Leben spricht – warum sollte man dann hier nachhaltig sein? Warum die Welt retten wollen, wenn sie ohnehin vergeht? Dann doch lieber schneller fahren, billiger heizen, weniger Vorschriften, kein Umdenken! Oder? Nein: die Auferstehung ist kein völliger Bruch mit dem Bisherigen, sondern eine Verwandlung. Paulus rechnete damals tatsächlich noch damit, dass einige seiner Zeitgenoss:innen – vielleicht auch er selbst – gar nicht physisch sterben, sondern zu ihren Lebzeiten diese Transformation erfahren (V. 51-52). Natürlich ist das, was Paulus sich als Erlösung vorgestellt hat, noch mehr und umfassender als das, was wir heutzutage unter der Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft verstehen. Eine gewisse Parallele kann man aber schon erkennen: der Tod – gleichsam das Markenzeichen der derzeitigen Existenz – hat als „Stachel“ die Sünde (V. 55-56). Was genau „Sünde“ ist, sagt Paulus hier und auch woanders nicht. Sie erscheint bei ihm als eine Art Macht, die uns immer mehr in die Todverfallenheit verstrickt und zu Taten führt, die anderen schaden. Die „Kraft aber der Sünde ist das Gesetz“ – das kann bei Paulus in diesem Zusammenhang zwei Dinge meinen: 1. das gute Gesetz, das eigentlich, wenn man es befolgen würde, zum Leben führt – was aber wegen der Sünde nicht funktioniert; oder 2. die Logik, die von der Sünde bestimmt wird und den Prozess beschreibt, der immer weiter zu Verderben und Tod führt. Letzteres wäre z.B. die moderne, auf materielles Wachstum und Konsum setzende Logik, der heute (noch) viele Menschen und Staaten folgen. Unter 1. wiederum könnte man z.B. auch eine „öko-diktatorische“ Haltung verstehen, bei der durch Vorschriften, moralische Forderungen oder provozierendes Verhalten („Klimakleber“) andere eher abgestoßen als eingeladen werden zu mehr Nachhaltigkeit. (Wobei natürlich viele auf der anderen Seite auch zelebrieren, wie sehr sie sich abgestoßen fühlen…) Aus Sicht des Paulus könnten wir, frei von der Sünde, jetzt schon so handeln, wie es einem erlösten Leben entspricht – und dazu lädt er uns ein (V. 58).
Lk 24,13-35
Zu Fuß unterwegs, und dabei kommt man auf neue Gedanken. Jeder, der gerne wandert, kann sofort „mitgehen“ mit dieser Geschichte. Wollten die beiden Jünger nach Emmaus, raus aus der Stadt, um den Fragen zu entkommen, der Trauer über den Tod des erhofften Messias – und ist das irgendwie vergleichbar mit dem modernen Trend, in der Freizeit ins Grüne zu gehen? Wenn ja: wie nachhaltig ist das – ist es berechtigte Sehnsucht nach einfachem Leben, oder nur unnötiger Verkehr?
In der Emmausgeschichte finden die beiden Jünger nicht nur Erholung, sondern werden nachhaltig verändert. Schon auf dem Weg fängt es an, fängt ihr Herz an zu brennen. Aber erst beim Abendessen erkennen sie, wer mit ihnen geht (bzw. werden ihre Augen geöffnet). Als Jesus das Brot teilt, ahmt er nach, was er selbst verkörpert und wovon die Heilige Schrift erzählt (die er vorhin auf dem Weg den Jüngern erläutert hat). Im Danken bringt er zum Ausdruck, dass die Schöpfungsgaben eben Gaben sind und nicht von uns „produziert“. Im Teilen feiert er Gemeinschaft, wie sie sein sollte. Jesus hat das vor seinem Tod schon mit den Jüngern zelebriert – damals verstanden sie noch nicht, was vor sich geht. Ob die Kirche, ob wir als Gemeinschaft der Glaubenden immer verstehen und leben, was wir im Sakrament feiern: dankbar sein und auf Gott verweisen, statt um uns selbst zu kreisen? Teilen und Gemeinschaft leben? Den beiden Jüngern werden die Augen geöffnet. Ihr Leben ist verändert. Ihr Weg führt sie zurück in die Stadt. Bei Wanderern heute gilt: wenn sie zurückkommen, haben sie etwas Kraft getankt für den ewig gleichen Alltag, der sie bald wieder fordern wird. Aber für die Emmausjünger gilt: sie haben sich nicht einfach erholt, sondern sie sind andere geworden, und das wird auch den Alltag verändern. Und gleich bei ihrer Ankunft erfahren sie: auch andere haben ihre Ostererfahrung gemacht (V. 34). Ostergeschichten sind Lebens-Geschichten, und jeder kann sie anders erleben. Wir sollten diese Erfahrung nicht für uns behalten, sondern sie teilen – Teilen stiftet Gemeinschaft, Jesus hat es vorgelebt! In der gegenseitigen Verkündigung, im Danken und im gerechten Teilen lebt Jesus Christus in seiner Kirche, und wir mit ihm.
Michael Böttcher, Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck